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COVID-19: Handlungsempfehlungen zur klinischen psychosozialen Notfallversorgung im Rahmen von COVID-19 veröffentlicht

Im Kontext des Managements der COVID19-Pandemie ist der kurzfristige Aufbau einer klinischen psychosozialen Notfallversorgung erforderlich. Dafür kann das in der Präklinik etablierte PSNV-System unter Nutzung verfügbarer klinikinterner Ressourcen adaptiert werden. Es sollte differenziert werden nach Maßnahmen für Betroffene (Patienten, Angehörige, Hinterbliebene etc.) und das klinische medizinische und nichtmedizinische Personal.

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COVID-19: Klinische psychosoziale Notfallversorgung im Rahmen von COVID19 – Handlungsempfehlungen

Autoren:

Teresa Deffner und Anke Hierundar für die Sektion Psychologische Versorgungsstrukturen in der Intensivmedizin der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI)
und
Dagmar Arndt und Dominik Hinzmann für die Sektion Perspektive Resilienz der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI)

Problematik:

Im Zusammenhang mit der aktuellen COVID19-Pandemie können Behandlungs- und Betreuungssituationen von Patienten, Angehörigen sowie Professionellen im Gesundheitswesen psychisch belastend, sogar traumatisierend erlebt werden und kurz- sowie langfristig zur Ausbildung psychischer Belastungsfolgen führen.
In der Präklinik liegen seit 2010 Qualitätsstandards und Leitlinien für die psychosoziale Notfallversorgung (PSNV) nach psychisch extrem belastenden Ereignissen vor. Zudem existieren umfassende internationale Empfehlungen für die psychosoziale Unterstützung in Notfallsituationen (IASC, 2007; NATO, 2008). Diese richten sich an Betroffene und Einsatzkräfte und zielen auf die Vermeidung und Früherkennung der psychosozialen Folgen belastender Ereignisse, die Gewährung angemessener Unterstützung zur Erfahrungsverarbeitung sowie die ggf. notwendige Behandlung von Traumafolgen und psychischen Fehlbeanspruchungsfolgen (BBK, 2012, S. 20).
Im klinischen Bereich mangelt es bisher an einer flächendeckenden, strukturierten und standardisierten psychosozialen Notfallversorgung für Betroffene und Beschäftigte in krisenhaften und potentiell traumatisierenden Situationen. Neben der medizinisch aufwändigen Versorgung der an COVID19 erkrankten, isolierten Patienten, ist auch die Betreuung der Angehörigen vor dem Hintergrund weitreichender Besuchsverbote zu gewährleisten.
Dies ist insbesondere bei steigenden Fallzahlen und vor dem Hintergrund der angespannten Personallage auf Intensivstationen derzeit nur begrenzt durch das ärztliche und pflegerische Personal leistbar. Darüber hinaus stellt die aktuelle Lage auch für das ärztliche und pflegerische Personal eine besondere psychische Herausforderung dar.

Empfehlungen:

Im Kontext des Managements der COVID19-Pandemie ist der kurzfristige Aufbau einer klinischen psychosozialen Notfallversorgung erforderlich. Dafür kann das in der Präklinik etablierte PSNV-System unter Nutzung verfügbarer klinikinterner Ressourcen adaptiert werden. Es sollte differenziert werden nach Maßnahmen für Betroffene (Patienten, Angehörige, Hinterbliebene etc.) und das klinische medizinische und nichtmedizinische Personal.

Konkrete Empfehlungen für Kliniken:

  1. Einrichtung eines Sachgebietes klinische psychosoziale Notfallversorgung
    1. aus dem in der Klinik verfügbaren psychosozialen Fachpersonal bzw. Leitungspersonen in den Bereichen Klinikseelsorge, psychosoziale kollegiale Peers, innerklinische Krisenintervention, psychologische, psychotherapeutische, psychiatrische, psychosomatische Versorger, palliativmedizinischer Dienst, Arbeitsmedizinischer Dienst, Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM)
    2. Festlegung von Ansprechpartnern, Erreichbarkeiten, Verantwortungsbereichen
    3. Integration und Vertretung des Sachgebietes im COVID19-Krisenstab der Klinik

  2. Erstellung eines klinischen psychosozialen Notfallversorgungskonzeptes und Integration dessen in klinische Pandemie- und Notfallpläne
    1. mit Differenzierung der Maßnahmen und Benennung von Verantwortlichen für Betroffene und für innerklinisches Personal
      1. Maßnahmen für Betroffene (Patienten, Angehörige, Zugehörige, Hinterbliebene etc.) können sich an den Maßnahmen für Betroffene bei Notfällen und Großschadenslagen orientieren (BBK, 2012)
      2. Maßnahmen für klinisches Personal können sich an den Maßnahmen für Einsatzkräfte in der Präklinik (BBK, 2012) und den DGUV-Empfehlungen (2017a, 2017b) orientieren.
    2. mit bedürfnis- und bedarfsgerechten, gestuften Maßnahmen entsprechend der Belastungs- und Bewältigungsverläufe mit und ohne Krankheitswert
    3. Ziele sind die psychische Stabilisierung in der Situation, Unterstützung konstruktiver Bewältigungsstrategien, Gewährung von und Weitervermittlung in adäquate Hilfen, Vermeidung von psychosozialen Belastungsfolgen und Entlastung des klinischen medizinischen Personals

  3. Die kurzfristige Etablierung einer klinischen psychosozialen Notfallversorgung durch ein professionelles Team
    1. aus den in 1.1 genannten Personen
    2. zur Entlastung klinischer Ressourcen sowie in Kliniken ohne Möglichkeit der psycho-sozialen Versorgung (wie in 1.1 genannt) wird die Prüfung der Kooperation mit Anbietern von PSNV in der Stadt, Landkreis, Bundesland empfohlen
    3. mit der Sicherstellung einer definierten Verfügbarkeit, die sich aus dem in 2. entwickelten Versorgungskonzept ergibt
      1. Strukturierung der Arbeit des Teams (z.B. Festlegung einer (temporären) Leitung)
      2. Festlegung von Einsatzkriterien, z.B. Begleitung von Angehörigen sterbender Patienten in Isolation (auch telefonisch, per Video), individuelle Unterstützung für Mitglieder des Teams der Isolationsstation, Unterstützung von Mitarbeitern, die überdurchschnittlich viele Versterbende begleiten
      3. Klärung versicherungsrechtlicher Fragen, der Freistellung für die Aufgaben und Vergütung der Mitarbeiter der klinischen psychosozialen Notfallversorgung
      4. Kompetenzen der Mitarbeiter bzw. Schulung: Mitarbeiter der klinischen psychosozialen Notfallversorgung sollten neben ihrer psychosozialen Grundprofession über Fachwissen in Anlehnung an bestehende Ausbildungscurricula bzw. Empfehlungen verfügen (vgl. BBK, 2012; Hinzmann et al., 2019; EFPA)
      5. eine standardisierte Dokumentation und Evaluation jedes Einsatzes
      6. engmaschige kollegiale verbindliche Supervision

Literatur:

  • Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (2012). Psychosoziale Notfallversorgung: Qualitätsstandards und Leitlinien. Teil I & II (Praxis im Bevölkerungsschutz, Band 7). Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe: Bonn.
  • DGUV (2017a). DGUV Information 206-023. Standards in der betrieblichen psychologischen Erstbetreuung (bpE) bei traumatischen Ereignissen. Verfügbar unter: www.dguv.de/publikationen
  • DGUV (2017b). DGUV Grundsatz 306-001. Traumatische Ereignisse – Prävention und Rehabilitation. Verfügbar unter: www.dguv.de/publikationen
  • EFPA Standing Committee on Disaster, Crisis and Trauma Psychology. Proposal for quality standards for psychosocial interventions in disasters and crisis. Verfügbar unter: http://disaster.efpa.eu/information/recommendations-concerning-psychosocial-support-after-disasters/
  • Hinzmann D, Schießl A, Koll-Krüsmann M, Schneider G, Kreitlow J. Peer-Support in der Akutmedizin. Anästhesiologie & Intensivmedizin, 2019, DOI: 10.19224/ai2019.095
  • Inter-Agency Standing Committee (IASC) (2007). IASC Guidelines on Mental Health and Psychosocial Support in Emergency Settings. Geneva: IASC.
  • NATO (2008). Psychosocial Care for people affected by disasters and major incidents. A model for designing, delivering and managing psychosocial services for people in-volved in major incidents, conflict, disasters and terrorism. Verfügbar unter: http://disaster.efpa.eu/information/recommendations-concerning-psychosocial-support-after-disasters/

 

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