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Pressemeldungen

PM: DIVI macht mobil: Angehörigentipps zur Patientenversorgung auf der Intensivstation und Gründung des Deutschen Delir-Netzwerks

Jeder fünfte Patient erkrankt nach einem operativen Eingriff an Delir und Verwirrtheit. Manche sind unruhig, andere haben alluzinationen, einige werden aggressiv. Der überwiegende Teil fällt sogar in ein so genanntes hypoaktives Delir. Sie wirken ruhig und entspannt, dabei leiden auch sie. Für die Betroffenen ist es eine schwierige Situation, für das medizinische Personal eine große Herausforderung. Das Gute daran: Diese Veränderungen sind zwar unangenehm und lästig, aber meist vorübergehend. „Wir müssen mit gezielten Maßnahmen herausfinden, wie es dem einzelnen Patienten wirklich geht, um dann gezielt helfen zu können“, sagt Susanne Krotsetis, Mitglied der DIVI. „Mit der richtigen Strategie von Maßnahmenbündeln ist das glücklicherweise heute auch gut möglich.“

Laut Schätzungen kommt es in Deutschland jedes Jahr bei rund drei Millionen Menschen zu einem Delir. So bezeichnen Wissenschaftler den psychischen Ausnahmezustand nach einer Operation oder schweren Erkrankung. Schuld daran sind höchstwahrscheinlich Entzündungsstoffe, die aufgrund der schweren Erkrankung oder des chirurgischen Eingriffs ausgeschüttet werden. Sie überfluten den Körper, durchdringen die Blut-Hirn-Schranke und greifen die Gehirnzellen an. „Auslöser können aber auch Schlaf- oder Schmerzmittel sein“, sagt die Expertin, die auch als Fachkrankenschwester für Intensivpflege am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Lübeck tätig ist. Das größte Problem: Patienten wachen auf und das Gehirn versucht zu erklären, was los ist. Das hat dann allerdings häufig wenig mit der Realität zu tun.

„Bei unruhigen und aggressiven Patienten ist das Delir leicht zu erkennen“, sagt die Lübecker Fachkrankenschwester. „Problematischer wird es bei denen, die auf den ersten Blick ganz ruhig sind und auf Fragen vernünftig antworten. Diese Patienten müssen wir ganz genau beobachten, oder monitoren, wie wir sagen. Es gibt klare Leitlinien und eine so genannte Screening-Checkliste, die wir regelmäßig mit den Patienten durchgehen, damit niemand durchs Netz fällt. Das geht auch mit Personen, die künstlich beatmet werden.“

Wie lange ein Delir anhält, kann keiner genau sagen. Bei den meisten dauert es nur wenige Tage, es kann sich aber auch über Wochen hinziehen. „Bei manchen fluktuiert es auch“, erklärt Susanne Krotsetis. „Sie haben Phasen, in denen es ihnen gut geht und dann fängt es mit der Verwirrtheit plötzlich wieder an.“

Besonders wichtig, neben der stetigen Überwachung, ist auch ein gutes Sedierungs- und Analgesierungssystem. Also die optimale Gabe von Beruhigungs- und Schmerzmedikamenten. „Man muss täglich Pausen machen, um Rezeptoren freizusetzen und zu verhindern, dass sich die Patienten daran gewöhnen“, sagt die DIVI-Expertin. „Das Motto lautet: So wenig Sedierung wie möglich, so viel wie nötig.“ Außerdem entscheidend für den Genesungsprozess: So schnell wie möglich mobilisieren, damit es nicht zu einem Muskelschwund kommt. Hörgeräte und Brillen tragen darüber hinaus dazu bei, eine möglichst genaue Realität zu schaffen. Je besser ein Patient sieht und hört, desto weniger Chancen hat das Gehirn, etwas vorzugaukeln.

So können Angehörige helfen: „Allein durch ihre Anwesenheit vermitteln sie den Patienten Sicherheit“, so die Intensivpflegerin. “Von Vorteil ist auch das Führen eines Intensivtagebuchs, in dem sie die Fortschritte aufschreiben.“ Auf diese Weise kann ein Patient, der oft nur punktuelle Erinnerungen hat, später die Zeit auf der Intensivstation aufarbeiten. Das kann sehr wichtig werden, denn auch Wochen oder Monate danach kann es zu einem posttraumatischen Stresssyndrom kommen. „Wer darunter leidet, sollte sich schnellstmöglich mit seinem Hausarzt in Verbindung setzen, auch hier gibt es heute gute Behandlungsmöglichkeiten“, sagt Susanne Krotsetis. „Gute Ansprechpartner sind Psychiater oder Psychologen, die erst einmal nur zuhören und dann eine entsprechende Therapie einleiten.“

Gründung des deutschen Delir-Netzwerks

Im Rahmen des 15. Kongress der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) am 02.12.2015 in Leipzig wurde das deutschsprachige, interprofessionelle und interdisziplinäre Delir-Netzwerk von Intensivpflegenden, Intensivmedizinern, Psychiatern, Geriatern, Pädiatern und Pflegewissenschaftlern gegründet. Dies wurde von einer Lenkungsgruppe vorbereitet, die neben Susanne Krotsetis aus den beiden Sprechern sowie weiteren Teilnehmern besteht. In dem Netzwerk nehmen u.a. Arbeitsgruppen um Prof. Claudia Spieß teil, Direktorin der Anästhesie an der Charité am Campus Mitte. Prof. Spies hat im Namen der Leitliniengruppe Sedierung mit 18 Fachgesellschaften die Initiative ausdrücklich begrüßt und ihre Unterstützung zugesagt. Neben der DIVI kooperiert das Netzwerk mit der Europäischen Delirium Association, der DGF und dem Netzwerk Frühmobilisierung. Es ist offen für weitere Kooperationen.
Das Delir-Netzwerk hat sich zum Ziel gesetzt, Akteure im Gesundheitswesen, insbesondere im Intensivbereich, der allgemeinen stationären Patientenversorgung wie auch der Lehre, Forschung und Bildung miteinander zu verbinden. Aufgabenfelder sind Forschung zum Delir, Verbreitung von Wissen, Praxisimplementierung und Öffentlichkeitsarbeit. Über die Website www.delir-netzwerk.de können weitere Informationen abgerufen werden. Pflegende, Mediziner und Therapeuten aller Bereiche (ambulante und stationäre Pflege; Pädiatrie, allgemeine und Intensiv-Pflege, Geriatrie, Psychiatrie u.a.) sowie Betroffene und Angehörige sind eingeladen, an dem Netzwerk passiv und aktiv teilzuhaben.

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